Rund um das Autobahnkreuz A6/A93 haben sich zwölf Gemeinden aus vier Landkreisen unter dem gleichnamigen Dachverband „Das Plus der Oberpfalz“ zusammengeschlossen

Die Oberpfalz rückt wirtschaftlich zusammen. Statt Kirchturm-Politik soll im Verein „Das Plus der Oberpfalz“, die Entwicklung der Region im Mittelpunkt stehen. Rund um das Autobahnkreuz A6/A93 haben sich zwölf Gemeinden aus vier Landkreisen unter dem gleichnamigen Dachverband zusammengeschlossen. Gemeinsam wollen sie die Region zum attraktiven Wirtschaftsstandort machen. Vor allem im Bereich Logistik soll es vorangehen.
Mit der Eröffnung des neuen Verbindungskreuzes A6 und A 93 bekam der Wirtschafsstandort Oberpfalz erneut eine europäische Dimension. Die Gemeinden sind sich ihrer zentralen Lage, mitten in Europa bewusst und wollen die Chancen des Verkehrsknotenpunktes nutzen. Drei Viertel des Güterverkehrs rollt noch immer über die Straße. Von Norden und Süden meist über die A 93. Die A 6 verbindet als West-Ost-Tangente die Regionen von Paris über Prag bis nach Russland. Sie ist das Bindeglied zur Europastraße 50.

Internationale Investoren entdecken die Oberpfalz

Damit rückt die Oberpfalz in den Fokus internationaler Investoren. Diese Hoffnung hegen auch die kleinen Anrainerkommunen in der nördlichen Oberpfalz. „Hier geht es nicht um Konkurrenz“, sagt Weidens Oberbürgermeister und Mitbegründer des Fördervereins Kurt Seggewiß (SPD). „Uns geht es darum, die Oberpfalz als einen Wirtschaftsstandort mit Perspektive zu präsentieren, von dem alle profitieren.“ Das neue Güterverteilzentrum in Weiherhammer, gut acht Kilometer von Weiden entfernt, sei zwar unabhängig vom „Plus der Oberpfalz“ geplant worden, sagt Geschäftsführer Stefan Falter. Der Verein unterstütze aber solche Projekte. Dazu gehört auch der notwendige Kontakt zu Landes- und Bundestagsabgeordneten und den entsprechenden Institutionen der Europäischen Union.
Bislang profitieren vor allem größere Gemeinden wie Weiden, Wernberg-Köblitz oder das erst kürzlich hinzugekommene Schwandorf vom Zusammenschluss. Ausreichend Gewerbeflächen und die unmittelbare Nähe zum Autobahnknotenpunkt sind Vorteile. Kleine Gemeinden, wie Schmidgaden mit gerade mal 3000 Einwohnern, tun sich da schwerer.
„Je weiter Sie vom Autobahnkreuz entfernt liegen, desto schwieriger wird es“, klagt Bürgermeister Josef Deichl (Gemeinde Schmidgaden). Weiden sei nur 39 Kilometer vom Verkehrsknotenpunkt entfernt, sagt er. „Wir müssen hier andere Prioritäten setzen.“ Der Ort wirbt deshalb mit „hoher Wohn- und Lebensqualität“. Die Mitarbeiter der Firmen, die sich in Autobahnnähe ansiedeln, wollen ja auch gut wohnen“, sagt Deichl.
Ein Standortplus sieht er deshalb in der guten Infrastruktur der Region. Es gibt viel Kultur, Schulen und Kindergärten. Die großen Zentren Nürnberg und Regensburg seien gut zu erreichen. Die hohe Lebensqualität sei nur ein Vorteil. Ein weiteres Plus im Wirtschaftsraum Oberpfalz sieht der Verein in den gut ausgebildeten Mitarbeitern und der unmittelbaren Nähe zu den Technischen Hochschulen und Universitäten in Amberg, Weiden, Deggendorf oder Regensburg.

Auch Wackersdorf ist gut aufgestellt

Wernberg-Köblitz mit seinen 6000 Einwohnern hat sich laut Vereins-Geschäftsführer Falter „inzwischen prächtig entwickelt“. Auch Wackersdorf sei gut aufgestellt. Weidens Bürgermeister Seggewiß kann nach eigener Aussage auch nicht klagen. Die Grenzen des Lobbyvereins benennt er dennoch. „Wir wissen, dass wir kein einziges Gewerbegrundstück auf den Messen und Veranstaltungen der Logistiker verkaufen“, sagt er. Aber Kontakte und Strategien ließen sich dort durchaus entwickeln. Ein intensiver Austausch und Netzwerken seien daher wesentliche Aufgaben des Vereins.
Als er gemeinsam mit seinem Amtskollegen, Georg Butz (CSU) in Wernberg-Köblitz im Februar 2010 den gemeinnützigen Lobby-Verein gründete, ging es der Gründergemeinde weniger um die Interkommunale Vermarktung von Gewerbegebieten. „Wir wollten damals schlichtweg nicht von der Landkarte zu verschwinden“, sagt Seggewiß. Vor allem für die kleinen Gemeinden mit wenigen Gewerbeflächen, weit entfernt vom Autobahnkreuz Oberpfälzer Wald, bestand die Gefahr, wirtschaftlich abgehängt zu werden. Dem hat ein erster Arbeitskreis von sechs Gemeinden entgegenwirken können.

Logistikatlas erarbeitet

Luhe-Wildenau, Schnaittenbach, Wernberg-Köblitz, Pfreimd, Nabburg und Leuchtenberg haben schon früh, im Verbund mit der OTH und grenzüberschreitend, einen Logistikatlas erarbeitet. „Die Unternehmer sollten fit sein, wenn die A6 aufgeht“, sagt Seggewiß. Mit der Initiative wollten die Kommunen vor allem den sogenannten „Wörgel-Effekt“ vermeiden: Wenn die Autobahn fertig ist, fährt man an den kleinen Orten, rund um die Schnittstellen einfach vorbei. „Das konnten wir verhindern.“
Inzwischen interessierten sich große Projektentwickler für den Wirtschaftsraum Oberpfalz. Nach und nach kämen auch wirtschaftliche Schwergewichte in die Region, wie Conrad, BMW, DBL Merck oder Witt Weiden, das gerade seine logistischen Kapazitäten im Weidener Gewerbegebiet verdreifacht habe. „Wir sind zwar ein kleiner Verein“, sagt Seggewiß, „aber mit großer Wirkung.“ Der Standort sei besonders für Firmen interessant, die ihr Geschäft nach Osteuropa ausbauen wollen. Den Grenzfall bezeichnet der Weidener OB als Frischzellen-Kur für die Region. Seither profitiert die Oberpfalz vom Arbeitsmarkt jenseits der Grenze, vor allem aber von den Tagespendlern.
Die Ziele für eine Zukunft als „wirtschaftliche Drehscheibe Europas“ sind hoch gesteckt. Das Standortmarketing, Öffentlichkeitsarbeit und Messen konzentrieren sich vor allem auf die Ansiedlung von Logistikzentren. Bei der transport logistic 2015 wurde ein erste interaktive Gewerbeflächendatenbank vorgestellt. www.oberpfalz-plus.de/gewerbeflaechen.html soll Investoren und Projektentwicklern mit „wenigen Klicks zum Gewerbegebiet“ verhelfen.

Jede Gemeinde zieht andere Firmen an

Ganz so einfach ist es wohl nicht und „Das Plus der Oberpfalz“ sei bei Weitem auch nicht der einzige Verein, der Wirtschaftsförderung betreibt. Das Plus für die Region sieht Geschäftsführer Stefan Falter jedoch in der gemeinsamen Vorgehensweise. „Jede Gemeinde zieht andere Firmen an. Manche können große Flächen bieten, andere kleinere. Nicht jede der zwölf Kommunen brauche ein großes Unternehmen am Standort oder eine eigene Messe. „Es geht um eine Gesamtentwicklung der Oberpfalz und um eine gebietsbezogene Standortidentität“, sagt er. Ohne Konkurrenz und vor allem gemeinsam soll es sein.

(Flora Jädicke / 20.01.2017 Bayerische Staatszeitung (http://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/wirtschaft/detailansicht-wirtschaft/artikel/zum-wohl-der-oertlichen-wirtschaft.html))

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